Mit der Übersterblichkeit in den USA im Corona-Jahr 2020 wird oft die Notwendigkeit von Corona-Maßnahmen begründet. Aber ist es nicht eher wahrscheinlich, dass die Maßnahmen diese Übersterblichkeit erst verursacht haben? 

Von Dr. med. Manfred Horst.

Der folgende Text ist eigentlich vor allem ein Appell an Epidemiologen und Statistiker. Die von mir untersuchten und einfachen Rechenoperationen unterworfenen Daten können aber von jedermann überprüft werden. Ich freue mich auf interessierte und interessante Leserzuschriften. Gerne auch vernichtende Kritik: Nach intensivem Austausch mit Epidemiologen, anderen Experten und vielen Bekannten mit gesundem Menschenverstand glaube ich daran nicht mehr, aber falls mir bei den Zahlen und/oder meiner Argumentation ein kapitaler Fehler unterlaufen sein sollte, wäre ich für dessen Aufdeckung dankbar.

Vor kurzem habe ich in den USA eine Untersuchung der amerikanischen Sterblichkeitsdaten von 2020 publiziert.

Bei der Aufarbeitung der Zahlen des CDC (Center for Disease Control) hatte ich zunächst, analog meiner Analyse der deutschen Daten, die prozentuale Altersgruppenverteilung der Todesfälle in der Gesamtbevölkerung einerseits und in der Gruppe der „Corona-Toten“ andererseits miteinander verglichen.

Nun kann man von den Zahlen des CDC halten, was man will; ein bekannter britischer Epidemiologe schrieb mir: „Their death and case numbers are completely unreliable, politicised and censured. I don’t trust anything that comes out of it.“ Aber wie diejenigen des Robert-Koch-Instituts in Deutschland sollen sie ja ausdrücklich dazu dienen, den Eindruck einer schweren und tödlichen Pandemie zu vermitteln: Im Jahr 2020 sei Covid-19 zur dritthäufigsten Todesursache in den USA aufgestiegen. Ist es daher vielleicht nicht sogar fast doppelt aussagekräftig, wenn die öffentlichen Verlautbarungen dieser Institutionen von deren eigenen Zahlen widerlegt werden?

Jedenfalls kommen sich auch in den USA die Alterverteilungen von Gestorbenen in der Gesamtbevölkerung und von „Corona-Toten“ sehr nahe – wie überall auf der Welt, siehe die Zahlen und graphische Darstellung am Anfang meines amerikanischen Artikels.

Boris Johnson: “Get Covid and live longer”

Wenn man überhaupt die Hypothese eines Unterschieds zwischen den beiden Gruppen aufwerfen könnte, wäre es eher die, dass man mit Corona etwas länger lebt als ohne. Boris Johnson hatte es im November 2020 gesagt, leider ohne die richtigen Konsequenzen aus seiner Beobachtung zu ziehen oder vielleicht auch ziehen zu können: „Get Covid and live longer.“  

Man lebt natürlich nicht „länger“ mit Corona; der Grund für das höhere Durchschnittsalter der Coronatoten liegt wohl darin, dass die Jüngeren weniger getestet und in jungem Alter Verstorbene von Ärzten und Leichenschauern mit verbliebenem Berufsethos trotz aller Anekdoten über mit dem Motorrad verunfallte oder vom Lastwagen überfahrene positiv Getestete weniger mit der Todesursache „COVID-19“ belegt wurden.

Wie überall ist aber auch in den USA der positive Corona-Test eine statistische Zufallsvariable in Bezug auf das beobachtete Ergebnis „Tod“. Auch in Amerika wurde im letzten Jahr die normale und nicht verhinderbare Bevölkerungssterblichkeit zur Katastrophe erklärt. Auch Uncle Sam führt einen völlig nutzlosen und absurden Krieg gegen ein Atemwegsvirus, das in der überwältigenden Anzahl der Fälle keine oder nur leichte Krankheitszeichen verursacht, und dessen im allgemeinen unspezifische Symptomatik von vielen anderen Virenarten mit- oder ebenso verursacht werden kann.

Allerdings – in den USA gab es laut der Zahlen des CDC – und im Gegensatz zu Deutschland – im letzten Jahr eine relativ deutliche Übersterblichkeit: Es verschieden insgesamt über 300.000 Menschen mehr als im Jahr 2019, und die in Bezug auf die demographische Entwicklung standardisierte Sterberate pro 100.000 Einwohner nahm um 15,9 Prozent zu. Die Webseite des CDC sieht in der COVID-19-Pandemie den einzig möglichen Grund für diese gesteigerte Sterberate.

Unterlassene Analyse der eigenen Zahlen

Dabei vergisst das CDC aber, seine eigenen Zahlen und insbesondere die Sterberaten in den verschiedenen Altersgruppen zu analysieren. 2019 hatte es das noch getan (siehe Figure 3 auf der verlinkten Seite) und die jeweiligen – relativ kleinen – Unterschiede zum Vorjahr sogar statistischen Signifikanztests unterworfen. Ich bin zugegebenermaßen selbst erschrocken, als ich die Sterberaten von 2020 (hier im Tableau (Table), jeweils in Klammern hinter den absoluten Zahlen) mit denen von 2019 verglich und eine massive Steigerung der Mortalität in der jüngeren Bevölkerung (ab 15 Jahre) entdeckte. Und diese Zunahme kann schon rein zahlenmäßig nicht von COVID-19 herrühren; die Corona-Sterberaten, die das CDC auf ihrer Tabelle ebenfalls angibt, sind in diesen Altersgruppen viel zu gering. Hier sind diese Daten. Die Tabelle zeigt die Sterberaten in den USA, pro 100.000 Einwohner in der jeweiligen Altersklasse, die prozentuale Veränderung zwischen 2019 und 2020 sowie in der letzten Spalte der Prozentsatz von Covid-Toten an der Gesamtzahl der Toten (Quelle: CDC)

  • Spalte zwei: Verstorbene pro 100.000 Einwohner im Jahr 2019.
  • Spalte drei Verstorbene pro 100.000 Einwohner im Jahr 2020
  • Spalte vier: Veränderung der Verstorbenenzahl von 2019 zu 2020
  • Spalte fünf: an COVID-19 Verstorbene pro 100.000 Einwohner             

Alter         2019    /   2020         + /-     COVID19 2020

1–4            23,3         22,2         -1,1            0,2    

5–14         13,4          13,6         -0,2            0,2

15–24       69,7          83,2      +13,5            1,4

25–34     128,8        159,7      +29,1            5,5

35–44     199,2        246,2      +47,0          15,8

45–54     392,4        467,8       +75,4         44,2

55–64     883,3     1.028,5     +145,2       105,1

65–74  1.764,6     2.068,8     +304,2       249,2

75–84  4.308,3     4.980,2     +671,9       635,8

>85    13.228,6 / 15.007,4 / +1.778,8 / 1.797,8

In den USA ist somit im Jahr 2020 die Sterblichkeitsrate in den jüngeren Bevölkerungsgruppen (15 bis 54 Jahre) im Vergleich zu 2019 um mehr als 20 Prozent gestiegen. Auch wenn die Daten natürlich noch überprüft und viel genauer analysiert werden müssten – das ist mit Sicherheit eine signifikante und äußerst besorgniserregende Zunahme der Mortalität. Schließlich handelt es sich hier – im Gegensatz zur Kohorte der „Corona-Toten“ – um viele verlorene Lebensjahre.

Da COVID-19 schon rein zahlenmäßig nicht die Ursache sein kann, muss diese Übersterblichkeit der Jüngeren einen anderen Grund haben. Die Hypothese, dass hier die von manchen Autoren schon benannten Auswirkungen von Lockdown und Hysterie (z.B. hier) deutlich werden, liegt wohl nahe und sollte unbedingt überprüft werden. Im übrigen natürlich nicht nur für die USA.

Außerdem: Was auch immer zu dieser Steigerung der Sterblichkeit in der jüngeren amerikanischen Bevölkerung geführt hat, so ist es wahrscheinlich – oder doch zumindest als epidemiologische Hypothese aufzuwerfen und zu analysieren –, dass dieser Mechanismus (oder diese Mechanismen) bei den anderen, insbesondere bei den älteren Bevölkerungsgruppen ebenfalls gewirkt und dort an einer gesteigerten Sterblichkeit mitgewirkt hat (oder haben).

Die Tatsache, dass die COVID-Sterblichkeitsraten sich bei den Älteren zahlenmäßig der Steigerung der Gesamtsterblichkeitsraten von 2019 auf 2020 nähern, beweist ja noch lange nicht, dass sie diese auch verursacht haben. Nach meiner Überzeugung, eigentlich nach der Überzeugung der epidemiologischen Wissenschaft bis Stand März 2020, können sie sie – als statistische Zufallsvariable mit Bezug auf das Ergebnis „Tod“ – gar nicht verursacht haben.

Das sonderbare Desinteresse der Epidemiologen

Wie viele andere Wissenschaftszweige auch scheint sich die institutionalisierte Epidemiologie zurzeit dem Primat der Politik und der gesellschaftlichen Covid-Hysterie gänzlich unterzuordnen. Es war für mich unfassbar, dass die klinisch völlig nichtssagenden Studienresultate der Covid-Impfstudien in den eigentlich besten medizinischen Fachzeitschriften der Welt (NEJM, LANCET) ohne großen Widerspruch veröffentlicht werden konnten. Genauso unfassbar finde ich es, dass das International Journal of Epidemiology soeben eine Untersuchung publiziert, in der für das Jahr 2020 ein Rückgang der Lebenserwartung ermittelt und dies natürlich der COVID-19-Pandemie zugerechnet wird. Wie soll denn bitte eine Kohorte, deren durchschnittliches Todesalter das der Gesamtbevölkerung um einige Jahre übersteigt, der Grund für eine reduzierte Lebenserwartung werden? Nun, natürlich geht das nur, wenn man – wie die Autoren in ihrem „Methodik“-Abschnitt freimütig zugeben – die „Corona-Toten“ von vornherein zu „excess deaths“ erklärt und/oder sich außerdem auf die in diesem Zusammenhang unsinnige Methode der „Years of Life Lost“ stützt: Die 80-jährigen „Corona-Toten“ hätten ohne die Pandemie statistisch ja noch 9 Jahre zu leben gehabt. (Jeder Gestorbene hätte statistisch noch einige Zeit zu leben gehabt, wenn er nicht gestorben wäre.)

Aber für die Erhöhung der Sterblichkeitsraten in der jüngeren Bevölkerung der USA (und auch anderer Länder – siehe die Grafiken von Euromomo) im Jahr 2020 scheint sich die wissenschaftliche Epidemiologie noch nicht zu interessieren, oder nicht zu wagen, sich dafür zu interessieren. Es wird höchste Zeit, das aufzuarbeiten. Irgendwann wird die Covid-Hysterie zu Ende gehen, und die Historie wird sich derer annehmen, die sie wissentlich befeuert haben.